Vergleichswerte für den Energieverbrauch von Nichtwohngebäuden

Ausgangslage

Der Verordnungsgeber strebt eine Weiterentwicklung der Vergleichswerte für den Ener­gieverbrauch von Nichtwohngebäuden an. Da sich auf Basis der den Vergleichswerten zugrundeliegenden Verbrauchsstichprobe nur geringe Möglichkeiten einer Weiterent­wick­lung ergeben und eine repräsentative Erhebung des Verbrauchs im deutschen Nicht­wohn­gebäudebestand (je Gebäudekategorie) noch nicht vorliegt, sollte ein neuer methodischer Ansatz entwickelt werden, der geeignet ist, die Vergleichswerte für die Verbrauchs­be­wer­tung von Nichtwohngebäuden im Rahmen der Erstellung von Energiever­brauchs­ausweisen weiterzuentwickeln.

Ziele

Die Ziele des Forschungsvorhabens waren u. a. eine Analyse zur aktuellen Methode der Vergleichswertbildung, die Entwicklung einer Methodik zur Erstellung von Referenz-Ener­giekennwerten, die Entwicklung eines prototypischen Werkzeugs zur Implementierung, Berechnung und Bewertung von Referenzenergiekennwerten anhand von vorliegenden Gebäudedatensätzen sowie die Diskussion offener Forschungsfragen.

Die neu entwickelte Methodik greift dabei auf tabellierte Teilenergiekennwerte zurück, wel­che in den vergangenen Jahren am IWU bestimmt wurden. Diese Kennwerte beschreiben den flächenspezifischen Endenergiebedarf je technisches Gewerk (Heizung, Warmwasser, Luftförderung, Kühlkälte, Hilfsenergie für Kälte, Beleuchtung, Be- und Entfeuchtung) für jede der in DIN V 18599 Teil 10 definierten Standardnutzungen für Nichtwohngebäude.

Vergleich der Methode zur Bestimmung von Vergleichswerten für Wärme und Strom im Rahmen der Energieverbrauchsausweiserstellung mit einer neu entwickelten Methode zur Bestimmung von objektspezifischen Referenzenergiekennwerten für Wärme und Strom. Links: Methode zur Bestimmung eines Vergleichswertes (Nref) über die Auswahl eines Listenwertes basierend auf einer Gebäude- oder Nutzungskategorie, die möglichst nahe an der tatsächlichen Nutzung des Gebäudes liegt. Rechts: Methode zur Bestimmung eines objektspezifischen Referenzenergie-kennwertes (eREK) über die zonenflächengewichtete Summe der jeweiligen Endenergiebedarfe der Gewerke (i) je Zone (j) auf Basis der tabellierten Teilenergiekennwerte (qTEK, i, j) im Gebäude.

Zur Anwendung der Methodik ist für das zu untersuchende Gebäude eine Zonierung in ebendiese Standardnutzungen vorzunehmen und die Ausstattung mit technischen Anlagen festzulegen. Neben der manuellen Zonierung kann hierbei ebenfalls auf eine vereinfachte, auf statistisch abgeleiteten Zonenflächenanteilen beruhende Zonierung gewählt werden. Diese vorgegebene Standardzonierung wurde im Rahmen eines parallel bearbeiteten Forschungsvorhabens (TEK2GO) ebenfalls am IWU entwickelt und wird als Default-Zonierung bezeichnet. Sie liegt zurzeit für die fünf übergeordneten Gebäudekategorien „Büro und Dienstleistungen“, „Schulen, Kindertagesstätten“, „Handel“, „Veranstaltungs­gebäude“ sowie „Hotels, Beherbergungsgebäude“ vor. Aus den flächenspezifischen Energiekennwerten der tabellierten Teilenergiekennwerte sowie der Gebäudezonierung und anlagentechnischen Ausstattung des Gebäudes können die Referenzenergiekennwerte für Wärme und Strom des untersuchten Gebäudes ermittelt werden.

Zur Bestimmung eines Anforderungsniveaus für die Referenzenergiekennwerte wurden (ebenfalls in Vorprojekten am IWU entwickelt) bereits definierte Anforderungsniveaus, die sogenannten Energieaufwandsklassen (EAK), verwendet. Das Anforderungsniveau kann bei Bedarf über die Berechnung eines neuen Satzes an tabellierten Teilenergiekennwerten zielgenau angepasst werden. Im Rahmen der Studie wurden für jeden vorhandenen Gebäudedatensatz die ermittelten Referenzenergiekennwerte der spezifischen Gebäude­zonierung mit den Referenzenergiekennwerten für die Default-Zonierung und für einen dritten Zonierungsansatz mit angepasster Default-Zonierung verglichen. Diese Unter­su­chung zeigt, dass die Unterschiede im Mittel zwischen den Zonierungsvarianten nur gering ausfallen und einen im Mittel um wenige kWh/(m²a) veränderten Referenzenergiekennwert erzeugen.

Über die Zielsetzung des Forschungsprojekts hinaus kann die neue Methodik auch zur Abschätzung der energetischen Schwachstellen, zur Ableitung von Sanierungs­maß­nah­men sowie zur Prognostizierung von Energieeinsparpotenzialen der einzelnen Gewerke bzw. des Gebäudes verwendet werden. Hierzu werden die Effizienz der vorhandenen technischen Anlagen des Gebäudes anhand der vordefinierten Anlagen der fünf EAK (Sehr hoch, Hoch, Mittel, Gering, Sehr gering) bewertet. Dadurch besteht die Möglichkeit, die bereits erfassten Gesamtverbräuche für Wärme und Strom anteilig auf die jeweiligen Gewerke aufgrund ihrer Effizienz und der Größe des jeweiligen Versorgungsbereiches zuzuordnen und in Folge dessen Verbrauchsteilenergiekennwerte (Ver.-TEK) des Gebäu­des je Gewerk und Nutzungszone abzuschätzen.

Der Vergleich der Ver.-TEK mit den Referenzteilenergiekennwerten je Gewerk (Ref.-TEK) erlaubt die Identifikation von energetischen Schwachstellen eines Gebäudes auf der Ebene der technischen Anlagen (Heizung, Beleuchtung, Luftförderung etc.). Sollten diese Schwachstellen in einem sanierten Zustand des Gebäudes beseitigt bzw. minimiert wer­den, können für die jeweiligen Anlagen entsprechend verbesserte Energieaufwandsklassen vorgeschlagen werden. Als Ergebnis entstehen prognostizierte Einsparpotenziale für thermische und elektrische Energie (sowie für Treibhausgasemissionen) je Gewerk bzw. für das Gebäude. Das hier beschriebene Verfahren wurde bereits in einer erweiterten Version des obengenannten Werkzeugs implementiert und erprobt. Das Tool (Ver.-TEK-Tool) kann demzufolge für eine einfache sowie rasche Bestandsaufnahme, Analyse von Energieverbrauchsstrukturen und Bewertung der energetischen Qualität von Nicht­wohn­gebäuden (beispielsweise für eine Initialberatung) verwendet werden.

Bearbeitungszeitraum

2017 - 2019

Projektteam IWU

Kontakt

Behrooz Bagherian
06151 2904-33
b.bagherian(at)iwu(dot)de

Auftraggeber

  • Bundesinstitut für Bau,- Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)

Partner

  • Bergische Universität Wuppertal,
    Fachbereich Bauphysik u. Technische Gebäudeausrüstung (b+tga)
    Prof. Dr.-Ing. Karsten Voss, Malin Johanna Berges

Weitere Informationen


Nachfolgeprojekt

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