Vergleichswerte für den Energieverbrauch von Nichtwohngebäuden

Generierung von Default Zonierungen sowie Anpassung eines vorliegenden Berechnungstools zur Ermittlung von neuen Vergleichswerten

Anforderung zur Erstellung einer neuen Systematik der Vergleichswerte im Energieverbrauchsausweis für Nichtwohngebäude

Bei Verkauf, Vermietung oder Neubau eines Nichtwohngebäudes muss gemäß den Vor­gaben des Gebäudeenergiegesetzes ein Energieausweis vorgelegt werden. Der Energie­ausweis dient ausschließlich der Information über die energetischen Eigenschaften eines Gebäudes und soll einen überschlägigen Vergleich von Gebäuden ermöglichen. Im Fall von Energie-Ver­brauchsausweisen für bestehende Nichtwohngebäude wurden zur Orientierung bislang die durch­schnitt­lichen Verbräuche ähnlicher Gebäude als Vergleichswerte aus­ge­wiesen. Diese Ver­gleichs­werte waren im Rahmen der Energieeinsparverordnung (EnEV 2007) als Durch­schnitts­werte für Verbräuche von teils sehr unterschiedlich genutzten Nichtwohngebäuden ermittelt und anschließend um rund 30 % reduziert worden (EnEV 2009).

Das IWU hat nun eine Methodik zur Bildung von Vergleichswerten entwickelt und auf deren Grundlage Vergleichswerte ermittelt, die die unterschiedlichen Nutzungen in einem Nicht­wohn­gebäude und die damit verbundene Ener­gie­ver­brauchsstruktur berücksichtigen. Mit der Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchskennwerte und Vergleichswerte im Nichtwohngebäudebestand vom 15. April 2021 sind die Vergleichswerte nun für die Aus­stel­lung von Energieverbrauchsausweisen im Nichtwohngebäudebestand nach dem GEG seit Mai 2021 ordnungsrechtlich eingeführt.

Die Vorgehensweise des IWU beruht auf einer Weiterentwicklung der Teilenergiekennwert-Methode (TEK), mit der eine schnelle energetische Bilanzierung von Nichtwohngebäuden im Bestand möglich ist. In Anlehnung an die DIN V 18599 werden auf der Grundlage nor­mierter Randbedingungen sog. Referenz-Energiekennwerte als Vergleichswerte abge­leitet.

Ausgangslage zur Bildung von Nichtwohngebäude-Kategorien und Standard-Nutzungszonen

Die normierten Randbedingungen wurden über eine Kategorisierung des Nicht­wohn­ge­bäu­debestandes sowie die Standardisierung der in den jeweiligen Kategorien vorkommenden Nut­zungszonen (Gebäudebereiche mit ähnlicher Nutzung) bzw. Anlagentechnik entwickelt.

In der bisherigen Ausweisung von Vergleichswerten (Bekanntmachung vom 7. April 2015) waren die Nichtwohngebäude (NWG) in insgesamt 80 Gebäudekategorien bzw. zwei Nutzungsarten, nämlich a) in 42 Gebäudekategorien für Gebäude der öffentlichen Hand und b) in 38 Gebäudekategorien für alle übrigen Gebäude unterteilt. Letztlich ist die Unter­scheidung nach diesen Nutzungsarten zur Einordnung der energetischen Qualität eines NWG aber nicht unbedingt erforderlich und in der Praxis schwer zu vermitteln. Deshalb erstellte das IWU zunächst in Anlehnung an den Bauwerkszuordnungskatalog (BWZK) aus rund 5.700 verfügbaren NWG-Datensätzen insgesamt 50 Gebäudekategorien. Dadurch konnte die Anzahl der energetisch relevanten Gebäudekategorien reduziert bzw. ihre Redundanz vermieden werden.

Diese 50 Gebäudekategorien wurden anschließend mittels der Angaben aus verfügbaren Energiebedarfsausweisen sowie der Nutzungsprofile gemäß DIN V 18599-10 hinsichtlich ihrer typischen Nutzungszonen sowie der Zonenflächenverteilung untersucht. Der Grundgedanke dabei ist, dass bestimmte Gebäudetypen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine spezifische Aufteilung ihrer Nettogrundfläche in einige wenige Nutzungszonen aufweisen. Beispielsweise wird die Nutzungszone „Büro“ in Verwaltungsgebäuden über­wiegen. So konnten für die 50 Gebäudekategorien mithilfe statistischer Verfahren die Standard­nutzungs­zonen und ihre Flächenverteilung definiert werden.

Zur Ableitung von Vergleichswerten für Strom und Wärme war zudem die je Gebäu­de­kategorie typische Anlagentechnik festzulegen. Da die Nutzungszonen eines Gebäudes auf verschiedene Art und Weise konditioniert (geheizt, gekühlt etc.) werden können, wurden für jede Standardnutzungszone der Gebäudekategorien mittels statistischer Analyse von Ener­gie­bedarfsausweisdaten die wahrscheinlich vorkommenden technischen Anlagen ermittelt.

Ableitung von Vergleichswerten aus Referenz-Energiekennwerten

Auf Grundlage der standardisierten Nutzungszonen und Anlagentechnik konnten mit dem vom IWU entwickelten Excel-Tool „VerTEK“ für die 50 Gebäudekategorien die Refe­renz-Energiekennwerte (REK) für Wärme und Strom für fünf verschiedene Gebäude­qualitäten bzw. Energieeffizienzstandards (die sogenannten Energieaufwandsklassen EAK: sehr gering bis EAK: sehr hoch) errechnet werden. Referenz-Energiekennwerte geben die Summe aller spezifischen Teilenergiekennwerte der technischen Gewerke jeweils für Strom und Wärme wieder.

Je nach Kombination der Anlagentechnik im Gebäude können sich für eine Energie­auf­wandsklasse verschiedene Referenz-Energiekennwerte ergeben. Durch eine Parameter­studie wurde die mögliche Bandbreite und Streuung der REK für Wärme und Strom je EAK aufgezeigt und auf dieser Grundlage die EAK ermittelt, die am besten geeignet ist, die Vergleichswerte einer Gebäudekategorie zu bestimmen. Die je EAK ermittelten REK wur­den den Energieverbräuchen aus ca. 5.000 verfügbaren Energieverbrauchsausweisen gegenübergestellt, um ihre Eignung als Vergleichswerte für die Beurteilung der Energie­verbräuche der einzelnen Gebäudekategorien zu überprüfen. In Abbildung 1 ist bei­spiels­weise die Auswertung der Wärmeverbräuche von 387 Verwaltungsgebäuden und die ermittelten Referenzenergiekennwerte für Wärme in Abhängigkeit von der Nettogrundfläche für die EAK Gering dargestellt.

Abb. 1   Gegenüberstellung des Referenzenergiekennwerts Wärme mit den gemessenen Wärme­verbräuchen der EAK: „Gering" für die Gebäudekategorie: Verwaltungsgebäude (allgemein)

Abbildung 2 zeigt zudem den Vergleich der Verbräuche mit den REK, bei deren Ermittlung für alle Gewerke (außer den Arbeitshilfen) die Teil-Energiekennwerte für Wärme und Strom entsprechend der Energieaufwandsklasse „Gering“ eingesetzt worden waren. Die in der Abbildung 2 ausgewiesenen positiven Abweichungen der Verbräuche von den Referenz-Energiekennwerten können deshalb im Prinzip ggf. als die Mindest-Energie­ein­spar­po­ten­tiale der jeweiligen Gebäudekategorie betrachtet werden. In Anbetracht der vorliegenden Ergebnisse und vor dem Hintergrund, dass die Sanierungsrate des Gebäudebestands in den nächsten Jahren deutlich steigen muss, ist die Wahl der Energieaufwandsklasse „Gering“ zur Bewertung der Energieverbräuche der meisten Gebäudekategorien gut geeignet bzw. angemessen.

Drei Gebäudekategorien (Schwimmhallen, Märkte und Läden) fielen allerdings durch be­sonders große Abweichungen der Verbräuche von diesen REK auf. Diese Abweichungen beruhen möglicherweise darauf, dass im Falle der Schwimmhallen der hohe Warm­was­ser­verbrauch, die Schwimmbeckenheizung sowie die schwimmbadspezifische Lüftungs­technik und im Falle der Märkte und Läden die Kältebereitstellung zur Lebensmittelkühlung in die Verbräuche eingeflossen sind. In den jeweiligen Referenz-Teilenergiekennwerten wer­den diese Funktionen jedoch nicht mitberücksichtigt. Für die genannten Kategorien wur­den daher gesonderten Lösungsansätze erarbeitet.

-

Abb. 2   Median der relativen Abweichungen des Verbrauchs in Bezug auf ihre Referenz­ener­gie­kennwerte (EAK: Gering und EAK für Arbeitshilfen: Sehr gering) für diejenigen Kategorien, für die Verbrauchsdaten vorliegen (n = Anzahl der untersuchten Gebäude)

Vergleichswerte in der Bekanntmachung vom 15. April 2021

Für die Festlegung der Vergleichswerte auf der Grundlage des novellierten Energie­ein­sparrechts 2020 wurden die Teilenergiekennwerte (TEK) der technischen Gewerke Hei­zung, Warm­wasser, Kühlkälte, Beleuchtung, Luftförderung, Hilfsenergie zur Kühlkälte sowie Be- und Entfeuchtung für die 50 empfohlenen Gebäudekategorien berechnet und tabellarisch zu­sam­mengefasst. Die Referenz-Energiekennwerte für Wärme (REKWärme) und Strom (REKStrom) für ein bestimmtes Gebäude ergeben sich durch Addition der vorgenannten Teilenergiekennwerte in Abhängigkeit der tatsächlich vorhandenen Ver­brauchs­struktur des zu bewertenden Gebäudes. Sie werden als Vergleichswerte zur energetischen Beurteilung des Nichtwohngebäudes verwendet. Die Untersuchungen zeigten, dass solche zu­sam­men­gesetzten Vergleichswerte die Heterogenität von Nichtwohngebäuden angemessen wiedergeben und daher gut zu ihrer energetischen Beurteilung geeignet sind.

Ein weiterer großer Vorteil der Verwendung von Referenz-Energiekennwerten als Vergleichswerte besteht darin, dass einige ihrer Komponenten je nach Verbrauchsstruktur des zu untersuchenden Gebäudes auf die Wärme- oder/und die Stromseite bezogen werden können. Dies gilt für den Teilenergiekennwert für Warmwasserbereitung (TEKWW bzw. TEKWW, Wärme und TEKWW, Strom) ebenso wie für den Teilenergiekennwert für Kühlkälte (TEKKl, Wärme und TEKKl, Strom). Damit konnten folgende Defizite bezüglich der bisherigen Vergleichswerte behoben werden:

  • Bei der Warmwasserbereitung wurde bislang nur die zentrale Warmwasserbereitung (Wärmeseite) berücksichtigt. Bei einigen Gebäudekategorien kann aber der Anteil der elektrischen Energie zur Warmwasserbereitung erheblich sein.
  • Die Kältebereitstellung (auch in Form von Fernkälte) war bislang unabhängig davon, ob die Kälte thermisch (Bereitstellung durch Sorptionsprozesse) oder elektrisch erzeugt wird, auf der Wärmeseite angesiedelt. Zudem ging sie nur ein, wenn Zählerstrukturen existieren. Die häufig eingesetzten elektrischen Klimaanlagen, für die dies in der Regel nicht der Fall ist und die deshalb nicht in den Vergleichswert eingingen, können den Stromverbrauch jedoch maßgeblich beeinflussen.

In den Energieverbräuchen von NWG sind weitere nutzerabhängige Stromverbräuche enthalten, wie beispielsweise für Computer, Drucker, Aufzüge, die zwar ein Bestandteil des gemessenen Verbrauchs sind, für die in der Regel aber keine separaten Zählerstrukturen vorhanden sind. Werden sie in den Vergleichswerten nicht berücksichtigt, verringert sich deren Aussagekraft in Bezug auf den Stromverbrauch. Die REK-Methodik stellt deshalb u. a. zwei weitere technische Gewerke („Arbeitshilfen“ und “Diverse Technik“) zur Ver­fü­gung, mit deren Hilfe diese Energieaufwendungen erfasst werden können. Ihr Einsatz wurde untersucht und eine Vorgehensweise für die Bildung der Vergleichswerte erarbeitet.

Bearbeitungszeitraum

Januar 2020 - März 2021

Projektteam IWU

Kontakt

Behrooz Bagherian
06151 2904-33
b.bagherian(at)iwu(dot)de

Auftraggeber

  • Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)

Veröffentlichungen

  • Studienarbeit zum Projekt
    "Systematische Bewertung der Referenzteilenergiekennwert-Methode als Vergleichswert für den Energieverbrauch von Nichtwohngebäuden"
    PDF

Tools

  • VerTEK-Tool – zur Bewertung des Energieverbrauchs von Nichtwohngebäuden anhand von Verbrauchs-Teil-Energie-Kennwerten

Vorgängerprojekt