Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude

Primärdatenerhebung zur Erfassung der Struktur und der energetischen Qualität des Nichtwohn­gebäudebestands in Deutsch­land (EnOB:dataNWG)

Ausgangslage

Die erfolgreiche Steuerung der Energie­wende benötigt auch im Gebäudesektor detaillierte Informationen über den ener­getischen Zustand, die Modernisie­rungs­trends und die Wirksamkeit der einge­setzten Instrumente. Das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) hat für den Wohn­ge­bäudebereich im Projekt Datenbasis Gebäudebestand gezeigt, dass diese Wissenslücke geschlossen werden kann. Gleiches gilt es auch für den Nichtwohngebäudebereich zu erreichen, dessen Grundgesamtheit im Gegensatz zu den Wohngebäuden nicht einmal in groben Zügen durch die amtliche Statistik beschrieben wird.

In den letzten Jahrzehnten wurde bereits mehrfach der Versuch unternommen, die Wis­senslücken zum Umfang, zur Struktur und zum Energiebedarf von Nichtwohngebäuden zu schließen. Quantitative Angaben zum mengen- und flächenmäßigen Bestand wurden dabei jedoch überwiegend für Teilsektoren ermittelt, wobei sowohl sekundärstatistische Analysen als auch vereinzelte, nicht repräsentative Befragungen zum Einsatz kamen. Die me­tho­dische Qualität dieser Einzelerhebungen erlaubt jedoch keine erwartungstreue Hoch­rechnung auf die Gesamtheit aller Nichtwohngebäude in Deutschland.

Das Projekt Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude, Primärdatenerhebung zur Erfas­sung der Struktur und der energetischen Qualität des Nichtwohngebäudebestands in Deutschland (EnOB:dataNWG) zielt auf die Beantwortung folgender Forschungsfragen.

Forschungsfragen

  • Wie stellt sich allgemein die Struktur der Nichtwohngebäude dar (räumliche Verteilung, Gebäudekategorien, Bauwerkstypen, Sektoren, Fläche, Dauer von Lebenszyklen, Baualter etc.)? Wie verändert sie sich im Laufe der Zeit?
  • Wie stellen sich die wärmetechnische Beschaffenheit der Gebäudehülle und die energetische Qualität der technischen Anlagen bei Nichtwohngebäuden im Bestand dar? Welche energetischen und sonstigen Modernisierungsprozesse laufen mit welcher Geschwindigkeit ab?
  • Wie hoch ist der tatsächliche Verbrauch an Brennstoffen und elektrischer Energie im Bestand der Nichtwohngebäude? Wie korreliert dieser mit dem berechneten Bedarf bzw. mit baulichen, technischen und nutzungsbedingten Parametern?
  • Welche Rückschlüsse können aus der vergangenen Entwicklung des Nichtwohngebäudebestands und der aktuellen Modernisierungsdynamik auf die Motivation der Akteure bei Investitionsentscheidungen gezogen werden und inwieweit hängen diese Entscheidungen von rechtlichen und volks- wie betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab?
  • Welche Möglichkeiten bietet die Geoinformatik in Kombination mit Bildverarbeitung und maschinellem Lernen, um aus deutschlandweit digital vorliegenden, georeferenzierten Gebäudedaten in Gestalt von amtlichen Hausumringen und -koordinaten in Kombination mit anderen Datenquellen Rückschlüsse auf Bestand und Struktur der Nichtwohngebäude in Deutschland zu ziehen?

Ziele

Als Ergebnis des Verbundprojektes EnOB: dataNWG wird ein einmaliger Datenbestand über Nichtwohngebäude in Deutschland entstehen, der den erwartungstreuen Rückschluss von einer Nichtwohngebäudestichprobe auf die Verhältnisse der Grundgesamtheit aller Nichtwohngebäude sowie die damit einhergehende Quantifizierung der Ergebnisunsicherheit nach Maßgabe der Stichprobentheorie erlaubt. Dieser Datenbestand wird für immobilienwirtschaftliche, energetische und geoinformatische Analysen genutzt.

Aus immobilienwirtschaftlicher Sicht ist die räumlich differenzierte Untersuchung einzelner Segmente von Nichtwohngebäuden sowie der Alters-, Zustands- und Eigentümerstrukturen von großem Interesse. Im Bereich der gewerblichen Immobilienmärkte (vor allem Büro-, Einzelhandels- und Logistikimmobilienmärkte) kann die Markttransparenz verbessert werden, da auch kleinere Märkte in ihrer Dimension und Struktur erfassbar sind. Sehr interessant sind zudem Untersuchungen zur Ballung von unsanierten Immobilienbeständen sowie zu den Modernisierungs- und Instandsetzungsstrategien von bestimmten Eigentümergruppen.

Die Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude bildet die Grundlage für detaillierte Auswertungen von Strukturdaten wie Anzahl, Fläche, Kompaktheit, Nutzung, Standort etc. und insbesondere zur energetischen Beschaffenheit von Gebäudehülle und technischen Anlagen sowie zu den Modernisierungstrends im deutschen Nichtwohngebäudebestand im Hinblick auf Maßnahmen der Energieeffizienz. Als ein wichtiger Parameter wird die Modernisierungsrate im Gebäudebestand ermittelt. Die Auswertung der umfangreichen Informationen, die in der Tiefenerhebung von bis zu 1.000 Nichtwohngebäuden ermittelt werden, liefern erstmals belastbare Erkenntnisse über den tatsächlichen Energieverbrauch im Nichtwohngebäudebestand und den Zusammenhang mit vereinfachten Berechnungen des Bedarfs.

Ein besonderer Nutzen der verschiedenen Erhebungen besteht darin, die geoinformatischen Methoden und Algorithmen zu evaluieren, mit denen Nichtwohngebäude anhand von Hausumringen identifiziert werden können, die mit zusätzlichen Merkmalen attribuiert sind. Dies ist besonders im Hinblick auf ein regelmäßiges Monitoring und für die Entwicklung effizienterer Verfahren zukünftiger Zensuserhebungen des Gebäudebestands von großer Bedeutung.

Vorgehen

In EnOB:dataNWG werden klassische Methoden der Stichprobenerhebung mit den neuen Möglichkeiten der Geoinformatik auf Basis georeferenzierter Hausumringe kombiniert. Da­durch eröffnet sich die Möglichkeit, den Sektor der Nichtwohngebäude statistisch belastbar und kostengünstig zu erforschen.

Der Rückgriff auf eine deutschlandweite Datenbank amtlicher Hausumringe erscheint als der einzig erfolgversprechende Ansatz, um die Auswahlgrundlage für die Stichprobenziehung mit vertretbarem Aufwand zu generieren. Erhebungseinheiten sind somit Hausumringe, die sich jedoch von den eigentlichen Untersuchungseinheiten, den Nichtwohngebäuden, unterscheiden. Aufgrund dessen ist es erforderlich, alle Hausumringe der Datenbank geoinformatisch zu analysieren, mit Merkmalen anzureichern, die mit der Nichtwohngebäudeeigenschaft korrelieren, sowie deren Relevanz in einer begrenzten Anzahl von Fällen anhand von Realdaten zu überprüfen, die als Ergebnis lokaler Erhebungen oder in Gestalt weiterer Gebäudeinformationen aus ALKIS (Amtliches Ligenschaftskataster-Informationssystem) vorliegen. Dadurch ist die Zuspielung einer Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein beliebiger Hausumring ein Nichtwohngebäude ganz oder teilweise überdeckt, im Rahmen eines binär-logistischen Regressionsmodells möglich. Die beschriebene Wahrscheinlichkeitszuspielung erlaubt eine effiziente Stichprobenziehung. Der Stichprobenumfang bezüglich der Hausumringe kann so gesteuert werden, dass sich in der Stichprobe eine erwartete Zahl von Hausumringen befindet, die Nichtwohngebäude ganz oder teilweise überdecken.

Ob ein Hausumring tatsächlich ein Nichtwohngebäude ganz oder teilweise überdeckt, wird im Rahmen einer Vor-Ort-Begehung, dem Screening, entschieden, das an 100.000 Orten von Hausumringen durchgeführt wird. Dabei werden gleichzeitig wenige grundlegende Strukturdaten und Hinweise auf geeignete Auskunftspersonen erhoben. In der zweiten Stufe der Erhebung recherchiert ein professionelles Befragungsinstitut im Rahmen der Kontaktqualifizierung die Ansprechpersonen und führt bis zu 10.000 ca. halbstündige Interviews durch, um die erforderlichen Gebäudedaten zu erheben. In einer dritten Stufe analysieren Energieberater die energetische Qualität von bis zu 1.000 Gebäuden vertieft, wenn der Eigentümer die Bereitschaft dazu im Interview erklärt hat.

Ergebnisse

Zum Projektende wird die Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude Politik, Wirtschaft und Wissenschaft für weiterführende Untersuchungen dauerhaft und unter Berücksichtigung von Datenschutzbestimmungen zur Verfügung gestellt.

Laufzeit

Dezember 2015 - Mai 2019

Projektteam IWU

Kontakt

Michael Hörner
06151 2904-52
m.hoerner(at)iwu(dot)de

Fördermittelgeber

  • Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Partner

  • Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR)
  • Bergische Universität Wuppertal, Fakultät für Architektur und Bauingenieurswesen, Fachgebiet Ökonomie des Planens und Bauens (BUW-ÖPB)

Weitere Informationen

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